Nach dem Bundesarbeitsgericht wird nun auch der Gesetzgeber alle Unternehmen verpflichten, die Arbeitszeit von Mitarbeitern zu erfassen.
Was aber bedeutet dies für Unternehmen konkret? Welche Art der Zeiterfassung ist rechtskonform, welches für Ihr Unternehmen geeignet und vor allem: Wie können Sie aus der Verpflichtung einen echten Vorteil für Ihr Unternehmen machen?
Welche Möglichkeiten haben Unternehmen?
Sowohl das BAG wie auch der EuGH schreiben ein „System“ zur Erfassung von Arbeitszeiten vor.
In der kürzestmöglichen Form lässt sich der Begriff definieren als „Prinzip, nach dem etwas geordnet und gegliedert wird“. Auch handschriftliche Aufzeichnungen oder Excel entsprechen einem ordnenden und gliedernden Prinzip. Diese Aufzeichnungsformen entsprechen zwar nicht den Grundsätzen „objektiv“ und „zuverlässig“, wie es das EuGH-Urteil vorschreibt, sind laut Gesetzentwurf jedoch trotzdem zulässig. Zumindest dann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Neben „Stift & Papier“ und „Excel“ entsprechen vor allem die Systeme „Stempeluhr“ und „moderne App-Lösung“ sowohl dem Gesetz wie auch der Rechtsprechung. Alle genannten Möglichkeiten bergen Vorteile wie auch Nachteile. Wie immer das System jedoch aussieht, das in einem Unternehmen im Einsatz ist oder zum Einsatz kommen soll – es sollte mehr erfüllen als nur die gesetzlichen Auflagen.
Im Folgenden wollen wir die Vor- und Nachteile der einzelnen Anwendungen darstellen. Sollte Ihr Unternehmen gewerkschaftlich organisiert sein, lässt der aktuelle Gesetzentwurf den Tarifparteien große Spielräume zu. Bei der folgenden Darstellung gehen wir davon aus, dass keine gesonderten Abweichungen mit den Tarifpartnern vereinbart wurden.
Handschriftliche Aufzeichnung
Sollten Sie in Ihrem Unternehmen weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigen, können Sie die Arbeitszeiten grundsätzlich schriftlich dokumentieren. In diesem Fall - und vor allem, wenn Sie keine komplizierteren Lohnmodelle vereinbart haben - kann dies völlig ausreichend sein.
Die handschriftliche Aufzeichnung ist sicherlich die einfachste Form der Dokumentation. Der Mitarbeiter notiert Anfang und Ende seines Arbeitstages, sowie die Dauer der Pausen. Selbst wenn bisher die Arbeitszeit nicht notiert worden ist, kann diese Routine leicht erworben werden.
Vorteile
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Einfache Handhabung
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Schnelle und einfache Umsetzung
Nachteile
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Die Unterlagen müssen für einen Prüfer in zumutbarer Form (gut lesbar und in chronologischer Reihenfolge) und lückenlos archiviert werden
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Der Ausweis von Über- und Minderstunden erfordert eine eventuell aufwändige Nebenrechnung. Sollten sozialversicherungs- und lohnsteuerbefreite Sonn-, Feiertags- oder Nachtzuschläge Bestandteil der Lohnabrechnung sein, sind diese gesondert zu errechnen und zu dokumentieren
Rechtssicherheit
Sollten die Arbeitszeiten durch den Mitarbeiter selbst notiert werden, gelten die Aufzeichnungen durch den handschriftlichen Eintrag als bestätigt. Wenn die Arbeitszeiten durch Dritte notiert werden, sollten sie durch den Mitarbeiter durch Gegenzeichnung bestätigt werden
Kosten
Keine Kosten der Anschaffung, jedoch eventuelle Folgekosten durch die manuelle Nachbearbeitung der Personalabteilung. Dies ist im Besonderen dann der Fall, wenn Zuschläge für Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit Teil der Lohnvereinbarung sind.
Excel
Excel ist die einfachste Form der Digitalisierung. Bereits mit relativ bescheidenen Kenntnissen lassen sich Dateien erstellen, die in der Lage sind, Überstunden und Urlaubsansprüche zu ermitteln und Zuschlagszeiten für SFN-Ansprüche zu errechnen. Damit wird die Verwaltung in diesen Bereichen entlastet. Durch die eventuelle eigenständige Rechenleistung, die in Excel „hineingepackt“ wurde, wird die Verwaltung bei der Lohnvorbereitung entlastet.
Um dies aber zu erreichen, müssen von Hand oder durch eine Stempeluhr aufgezeichnete Arbeitszeiten in die entsprechenden Listen übertragen werden. Der Unterschied zur handschriftlichen Aufzeichnung ist deshalb gering. Deren Vorteile, Nachteile und der Aspekt der Prüfungssicherheit gelten somit auch für Excel.
Stempeluhr
Eine einfache Stempeluhr wird in den meisten Fällen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Dabei ist es irrelevant, ob die Arbeitszeiten noch durch einen Papierstreifen oder digital aufgezeichnet werden. Allerdings führt dies in fast jedem Fall zu einem wirtschaftlichen Schaden für das Unternehmen.
Bei dieser einfachen Lösung wird durch das Ein- und Ausstempeln die Länge eines Arbeitstages festgelegt. Kommt ein pflichtbewusster Vollzeit-Mitarbeiter täglich nur 10 Minuten früher als vorgesehen zur Arbeit, haben sich am Ende eines Monats fast vier Stunden Mehrarbeit angesammelt.
Der einzige Vorteil der einfachen Stempeluhr liegt somit in der Erfüllung der rechtlichen Auflagen.
Vorteile
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Einfache Installation
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Schnelle und einfache Umsetzung
Nachteile
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Bei digitalen Geräten mit z.B. Fingerabdruck teilweise aufwändigeres „Onboarding“ der einzelnen Mitarbeiter
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Es gilt die sogenannte „Autorität der Zeiterfassung“. Dies bedeutet, dass gestempelte Zeiten vorerst auch die Arbeitszeiten darstellen, die abzurechnen sind
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Hoher Zeitaufwand für das fortlaufende, manuelle „Glattziehen“ von ungeplanten oder nicht autorisierten, jedoch gestempelten Arbeitszeiten
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Kaum spürbare Erleichterung in der Verwaltung, da sich die meisten Anwendungen dieser Art in der Aufzeichnung von Arbeitszeiten erschöpfen und zum Teil aufwändige Nebenrechnungen erfordern
Rechtssicherheit
Die Anwendung einer Stempeluhr kann als grundsätzlich rechtssicher gelten
Die Änderung von gestempelten Zeiten sollten in jedem Einzelfall entweder begründet und idealerweise vom betroffenen Mitarbeiter gegengezeichnet werden
Kosten
Im Normalfall einmalige Anschaffungskosten im mittleren dreistelligen Bereich
Moderne App-Lösung
Jede moderne und zeitgemäße digitale Anwendung sollte in der Lage sein, die durch den Mitarbeiter gestempelte Arbeitszeit an der für den jeweiligen Einsatz geplanten Arbeitszeit zu überprüfen. Diese Überprüfung erfolgt in Echtzeit und unterbindet ungeplante oder nicht autorisierte Arbeitszeiten.
Darüber hinaus sollte eine moderne Anwendung eine weitgehende oder sogar vollständige Automatisierung aller Folgeprozesse garantieren. Hier ist die Zeiterfassung der Ausgangspunkt für die umfassende Dokumentation, die Führung aller relevanten Konten eines Mitarbeiters und der Vorbereitung selbst komplexer Lohnmodelle. Dies in aller Vollständigkeit - noch einiges mehr und alles ohne weitere manuelle Zuarbeit.
Kompetente Systeme dieser Art beinhalten daneben eine Urlaubs- und Abwesenheitsplanung, ein aussagekräftiges Berichtswesen, eine App für Mitarbeiter sowie weitere Features.
Vorteile
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Geringe bis keine Nacharbeit durch automatisierte Prozesse
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Selbständige Vorbereitung auch komplizierter Lohnmodelle inklusive Datenexport in die Buchhaltung
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Erhebliche Entlastung in der Verwaltung
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Vermeidung ungewollter Arbeitszeiten und dadurch große wirtschaftliche Auswirkungen, welche den finanziellen Aufwand erheblich übertreffen
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Bei Einsatz einer gut funktionierenden Mitarbeiter-App deutlich höhere Mitarbeiterzufriedenheit
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Laufende Weiterentwicklung des Produkts (zumindest bei Software as a Service-Anwendungen)
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Möglichkeit der Kündigung bei SaaS-Produkten im Falle der Unzufriedenheit
Nachteile
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Höherer Zeitaufwand bei der Einrichtung und Inbetriebnahme des Systems
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Je nach Anbieter zum Teil längerfristige Vertragsbindung
Was gerne verschwiegen wird: Teilweise ist eine Umstellung der gewohnten Routinen in einem Unternehmen erforderlich. Neben der Qualität der gewählten Software ist hier die Qualität des Supports von Bedeutung.
Prüfungssicherheit
Die Anwendung einer modernen App-Lösung kann als grundsätzlich rechtssicher gelten. Rechtzeitige Warnung vor drohenden Rechtsverstößen senken Prüfungsrisiken noch weiter
Kosten
Im Regelfall hohe Anschaffungsgebühren bei Kauf-Software oder laufende Monatsgebühren bei SaaS-Produkten. Die Gebühren können zwischen einzelnen Anwendern erheblich schwanken
Fazit
Die Einführung eines neuen oder die Veränderung eines bestehenden Systems ist durch die Rechtsprechung und den Gesetzgeber erzwungen. Die Wahl ist jedoch von herausragender strategischer Bedeutung für ein Unternehmen. Das „richtige“ System garantiert nicht nur Rechtssicherheit. Es ist in der Lage, ein Vielfaches der Kosten, die es verursacht, wieder „hereinzuspielen“. Und zwar in jedem einzelnen Monat.
Es ist sehr klar abzusehen, dass im Bereich des Personal-Managements SaaS-Produkte mit ihren vielfältigen Eigenschaften die führende Stellung einnehmen werden. Diese Produkte sind für das Unternehmen wirtschaftlich wirksam, dynamisch und allein schon wegen der Möglichkeit der Vertragskündigung auf stetige Weiterentwicklung getrimmt. Denn beim Wettbewerb zwischen den Anbietern gilt: Das Bessere ist der Feind des Guten.
Wie die wirtschaftliche Wirkung auf das Unternehmen aussehen kann und wie trotz steigender Kosten mehr Gewinn bei gleichem Umsatz möglich ist, zeigen wir Ihnen mit unseren kommenden Blogartikel.