
Arbeit auf Abruf – auf diese Prüfungsfallen sollten Sie achten!
- Jonathan Seidel
- 11. September 2025
- Ratgeber
- Arbeit auf Abruf, Aushilfen, Sozialversicherungsprüfung
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Arbeit auf Abruf klingt verlockend einfach: Ein Mitarbeiter kommt zur Arbeit, wenn er gebraucht wird. Dieses flexible Modell ist besonders in Branchen wie der Gastronomie beliebt, um schnell auf unerwartete Nachfrage zu reagieren – zum Beispiel, wenn die Sonne scheint und die Terrasse brummt. Doch was auf den ersten Blick praktisch erscheint, birgt für viele Betriebe erhebliche rechtliche Risiken und Fallstricke, die oft übersehen werden. Um im Prüfungsfall kein böses Erwachen zu erleben, lohnt es sich also weiterzulesen.
Arbeit auf Abruf – die gesetzliche Grundlage
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ermöglicht die Arbeit auf Abruf in §12 ausdrücklich. Dort heißt es:
„Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf).“
Der Mitarbeiter hat somit keine festen Arbeitszeiten und kann nach Bedarf eingesetzt werden. Dabei unterliegt das Arbeitsverhältnis trotzdem einigen Regulierungen:
Dass die Einteilung zur Arbeit mit einer Frist von vier Tagen zu erfolgen hat? Kein Problem, solange die Aushilfe freiwillig schneller kommt.
Dass die Minijobgrenze nicht über- und der Mindestlohn dabei nicht unterschritten wird? Allgemein bekannt und respektiert.
Die folgenden Regulierungen sind jedoch nicht so klar und können im Prüfungsfall hohe Nachzahlungen verursachen:
1. Prüfungsfalle: der ungenügende Arbeitsvertrag
Weniger bekannt ist eine Neuerung, die in 2019 beinahe stillschweigend und von vielen noch immer unbemerkt eingetreten ist. Der §12 TzBfG schreibt nämlich weiter vor:
„Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart.“
Genau hier liegt das Problem: Wenn die Arbeitsverträge Ihrer Aushilfen keine wöchentlichen Arbeitsstunden definieren, unterstellt die Sozialversicherung bei einer Prüfung eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden. Rechnet man dies mit dem aktuellen Mindestlohn von 12,82 € (Stand: 2025), ergibt sich ein Monatslohn von ca. 1.116 € (20 Stunden x 12,41 € x 4,35 Wochen). Damit wird die Minijob-Grenze überschritten, und das gesamte Arbeitsverhältnis wird rückwirkend sozialversicherungs- und lohnsteuerpflichtig. Solche Nachzahlungen für einen Prüfungszeitraum von bis zu vier Jahren können dramatische Ausmaße annehmen und sogar strafrechtliche Konsequenzen haben. Daher ist es unerlässlich, alle Arbeitsverträge für Aushilfen zu prüfen und anzupassen.
2. Prüfungsfalle: Der Phantomlohn
Aushilfen sind keine rechtlose „Verfügungsmasse“, wenn im Unternehmen „Not am Mann“ ist. Auch geringfügig Beschäftigte haben die gleichen Rechte wie Teilzeit- und Vollzeitmitarbeiter, von Kündigungsfristen bis zum Anspruch auf bezahlten Urlaub. Gerade die Urlaubsansprüche werden oft übersehen. Für sie gilt das sogenannte Entstehungsprinzip. Wenn Aushilfen während ihrer Beschäftigung keinen Urlaub genommen haben, wird dieser Anspruch bei einer Sozialversicherungsprüfung zum Lohn hinzugerechnet.
Wenn eine Aushilfe also immer das volle Minijobbergehalt pro Monat verdient hat und der nicht genommene Urlaub angerechnet wird, wird die Minijob-Grenze überschritten. Dadurch wird das gesamte Arbeitsverhältnis sozialversicherungspflichtig! Das kann zu Nachzahlungen führen, wie bereits unter „Prüfungsfalle 1“ beschrieben.
Darum ist es extrem wichtig, auch bei Aushilfen den Urlaub zu dokumentieren! Dabei helfen etwa die automatischen Urlaubskonten von Pentacode. Manche Unternehmen setzen die Lohngrenze ihrer Aushilfen auch bewusst etwas niedriger an, um bei einer Hinzurechnung des Urlaubs zumindest nicht die sozialversicherungsfreie Grenze zu reißen. Damit besteht zwar noch das arbeitsrechtliche Problem, aber es betrifft nicht mehr die Sozialversicherung.

3. Prüfungsfalle: Die Flexibilität von „Arbeit auf Abruf“ hat Grenzen
In §12, Absatz 2 TzBfG wird zusätzlich festgelegt, dass die vereinbarte Wochenarbeitszeit um höchstens 20 % unter- und um höchstens 25 % überschritten werden darf. Das bedeutet: Bei einer vereinbarten Wochenarbeitszeit von zehn Stunden darf eine Aushilfe mindestens acht und höchstens 12,5 Stunden pro Woche arbeiten. Diese Regelungen setzen der Flexibilität bei der „Arbeit auf Abruf“ sehr enge Grenzen.
Lohnt sich der Einsatz von Aushilfen überhaupt noch?
Ja! Trotz aller rechtlichen Hürden bleiben Aushilfen das beste Mittel, um Arbeitsspitzen abzudecken. Entscheidend ist, dass Sie die Regeln kennen:
Achten Sie auf den Arbeitsvertrag: Definieren Sie die Wochenarbeitszeit, um eine pauschale Annahme von 20 Stunden zu vermeiden.
Halten Sie die Grenzen ein: Beachten Sie die gesetzlichen Obergrenzen für Abrufarbeit (max. 25 % mehr, 20 % weniger).
Dokumentieren Sie den Urlaub: Urlaubsansprüche müssen auch bei Aushilfen klar erfasst und dokumentiert werden, um keine Nachzahlungen zu riskieren.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt zudem in einer sauberen und lückenlosen Dokumentation, die im Falle einer Prüfung standhält. Manuelle Prozesse mit Excel-Listen sind hier fehleranfällig und riskant. Eine digitale Lösung wie Pentacode nimmt Ihnen diesen Aufwand ab. Unsere Software sorgt dafür, dass alle Arbeitszeiten, Überstunden und Urlaubsansprüche automatisch und rechtssicher erfasst werden. So haben Sie im Prüfungsfall stets die volle Transparenz und können sich darauf verlassen, dass Ihre Dokumentation wasserdicht ist.