Die zukünftigen Regelungen für die Erfassung von Arbeitszeit durch Arbeitsminister Heil liegen nun vor. Auch wenn auf dem Weg vom Entwurf bis zum Gesetz noch Änderungen zu erwarten sind – die grundsätzliche Marschrichtung ist nun klar.
Was bedeutet dies in der Praxis?
Viele Unternehmen erfassen bereits die Arbeitszeiten, viele machen dies noch auf Papier oder über eine Stechuhr. Arbeitsminister Heil will nun Unternehmen dazu verpflichten, die Arbeitszeiten elektronisch zu erfassen.
Dem Entwurf zufolge müssen Arbeitnehmer Beginn, Ende und Dauer der Arbeit und damit auch Pausen und Unterbrechungen dokumentieren. Und zwar täglich und in elektronischer Form. Diese Form kann von einer einfachen Excel-Tabelle über eine Stechuhr bis zu einem Computerprogramm oder einer Handy-App reichen.
Die Erfassung kann auch durch einen Vorgesetzten erfolgen, doch wer immer dies auch macht – die Verantwortung trägt immer der Arbeitgeber!
Gibt es Ausnahmen bei der elektronischen Aufzeichnung?
Wenn Sie nicht mehr als 10 Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigen, können die Arbeitszeiten wie bisher auf Papier erfasst werden. Außerdem können Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften Ausnahmen vereinbaren. Solche Einigungen könnten beispielsweise beinhalten, dass Arbeitszeit weiterhin auf Papier oder über alte Stechuhren festgehalten wird und nicht am selben Tag, sondern bis zu sieben Tagen im Nachhinein dokumentiert wird. Weiters ausgenommen können Führungskräfte und Mitarbeiter werden, welche ihre Arbeitszeit selbst bestimmen. Alle Ausnahmen setzen jedoch eine Einigung zwischen der Geschäftsführung und dem Betriebsrat voraus.
Was gilt, wenn Ihr Unternehmen nicht an einen Tarifvertrag gebunden ist?
In diesem Fall sind keine Ausnahmen vorgesehen. Nach aktuellem Stand verpflichtet Sie der Gesetzentwurf zur täglichen und elektronischen Erfassung der Arbeitszeiten.
Ist Vertrauensarbeitszeit auch in Zukunft möglich?
Auch wenn Mitarbeiter ihre Arbeit selbst organisieren, müssen die Zeiten aufgezeichnet werden. Dabei müssen Sie als Unternehmer sicherstellen, dass Fristen (Ruhe- und Höchstarbeitszeiten) nicht verletzt werden. Sie müssen auch sicherstellen, dass Sie bei Fristverstößen informiert werden.
Gibt es bei der Einführung der Arbeitszeiterfassung Übergangsfristen?
Ja, die gibt es und die sind abhängig von der Betriebsgröße auch relativ großzügig geregelt.
Wenn Sie weniger als 50 Mitarbeiter beschäftigen, haben Sie für die Umsetzung fünf Jahre Zeit, bei bis zu 250 Mitarbeiter sind es zwei Jahre. Ist Ihr Unternehmen noch größer, bleibt Ihnen ein Jahr. Die Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, zu dem das Gesetz wirksam wird.
Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und auch die Parteien haben natürlich voneinander abweichende Vorstellungen. Es ist deshalb nicht unwahrscheinlich, dass auf dem Weg vom Entwurf bis zur Verabschiedung des Gesetzes noch Änderungen vorgenommen werden. Der Entwurf gibt jedenfalls die ungefähre „Marschrichtung“ vor und auf diese Richtung sollten Sie sich rechtzeitig einstellen.
Wichtig zu wissen! Unabhängig von der Gesetzeslage sind Sie grundsätzlich bereits seit dem Urteil des BAGs vom September 2022 zur elektronischen Erfassung der Arbeitszeiten verpflichtet!
Dies bedeutet, dass Ihre Mitarbeiter bereits jetzt die Einführung einer elektronischen Zeiterfassung einfordern können. Anstatt auf die Gesetzgebung zu warten, könnten Sie als Unternehmer auch die Initiative ergreifen. Spätestens wenn es bei einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung um Überstunden oder Urlaubsansprüche geht, werden Sie für Ihre Initiative belohnt werden. Daneben wird eine moderne Zeiterfassung Ihr Unternehmen wirtschaftlich stärker machen.
Was sind nun die möglichen Folgen für Ihr Unternehmen?
Bevor wir zu den guten Nachrichten kommen, zuerst einmal die schlechten. Die unmittelbare Wirkung aus der Pflicht zur Erfassung von Arbeitszeiten wird bei der Aufzeichnung von Überstunden spürbar sein. Dies betrifft im Besonderen dienstleistungsintensive Branchen mit ausgedehnten Betriebszeiten und Mehrschicht-Betrieb.
Laut einer aktuellen Untersuchung durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wurden in 2021 1,7 Milliarden Überstunden angehäuft. Davon werden knapp 52% nicht bezahlt.
Legt man lediglich den gesetzlichen Mindestlohn zugrunde, entsprechen die unbezahlten Überstunden einer Lohnsumme von mehr als 11 Milliarden Euro. Der globale Personaldienstleister ADP hat 10.000 Arbeitnehmer zu ihrem Arbeitsalltag befragen lassen. Dazu gehörten Fragen zu geleisteten Überstunden. Diese schwanken zwischen den einzelnen Bundesländern erheblich. Im Durchschnitt wurden pro Woche 5,24 Stunden an Mehrarbeit geleistet.
Beachtet man dabei, dass etwa 52% der Überstunden unerkannt „unter den Tisch gefallen“ sind, heißt dies, dass im Durchschnitt 6,8% der monatlich geleisteten Arbeitszeit nicht bezahlt wurden. Das klingt nach viel und das ist viel, ABER – und das ist die gute Nachricht: Dies lässt sich auch nach Einführung einer Arbeitszeiterfassung beherrschen. Mit den richtigen Mitteln und diesen richtig eingesetzt, ist es in vielen Fällen sogar möglich, die gesetzliche Verpflichtung in einen wirtschaftlichen Vorteil des Unternehmens umzumünzen.
Wie möglicherweise auch Sie dies herbeiführen können, erfahren Sie in den kommenden Blogartikeln.